Predigt für den Karnevalssonntag, 26. Februar 2006
in St. Mariä Himmelfahrt mit Übertragung im Domradio von: H.G. Grevelding
Thema: Unser Leben, ein Fastnachtsfußballspiel
Lev Lügcher, ich grüße Sie ganz herzlich hier in der Kirch
und am Radio. Das Motto unseres Karnevalszuges ist in diesem Jahr "A Fastelovendfoßballspill".
Das Thema meiner Predigt ist "Unser Leben ein Fastnachtsfußballspiel".
Lommer anfange!
Wissen Sie, warum wir in diesem Jahr die Weltmeisterschaft im Fußball
in Deutschland haben? Berti Vogts wusste, dass er mit seiner Nationalmannschaft
im Jahr 2006 keine Auslandsreisen mehr machen würde.
Haben Sie sich einmal einen Fußball angesehen? Er besteht aus vielen
kleinen Flicken, die erst zusammengenäht einen ganzen Fußball ergeben.
So ist es auch mit unserem Leben. Es setzt sich aus vielen Einzelbegebenheiten,
aus vielen Flicken und Läppchen zu unserem Leben zusammen. Und unsere Sonntagsgemeinde
hier und am Radio setzt sich ebenfalls aus vielen Zuhörern zusammen. Wir
bilden ein Team, in dem Groß und Klein, Jung und Alt, jeder mit seinem
Talent zur Gebetsmannschaft beiträgt.
Kein Christ lebt allein! Und mit einem Läppchen kann man nichts machen.
Evver vill Läppche jit a Jöppche. Wir werden alle von Gott auf einem
Spielplatz zusammengebracht. Auf dem Fußballspielplatz sieht man sofort,
wer zu welcher Mannschaft gehört. Das erkennt man am Trikot. Die Priester
erkennen wir heute an ihren grünen Messgewändern. Die "Pipes
und Drums" an ihren Schottrenröcken und Dudelsäcken. Die "Domstädter"
an ihren grünen Jackets mit ihren weißen Hosen und sie alle an ihren
wunderschönen Karnevalskostümen, mit denen sie gleich an unserem Kölner
Veedelszooch teilnehmen.
Apropos Teilnahme:
Wissen Sie, warum die türkische Nationalmannschaft in diesem Jahr nicht
an der Weltmeisterschaft teilnimmt? Jedes Mal wenn sie in Korea eine Ecke bekommen
hat, hat ein Nationalspieler dort einen Dönerstand aufgemacht.
Was vereint uns Christen? Was ist unser gemeinsames Kostüm oder unser
gemeinsames Trikot? Uns alle verbindet die Taufe. Sie ist sozusagen unser unsichtbares
Trikot, das uns mit Gott und untereinander verbindet.
Apropos Taufe:
Wissen Sie, dass Kardinal Meisner im letzten Jahr den Priestern und Diakonen
das Schwimmen in Schwimmbädern verboten hat. Wissen Sie nicht? Eine falsche
Handbewegung und alles Weihwasser.
Wissen Sie, dass der Oberbürgermeister Schramma nach dem Papstbesuch das
Schwimmen und Baden im Rhein verboten hat? War alles Weihwasser?
Wir werden immer wieder gefragt, ob sich in der Kirche nach dem Papstbesuch
etwas positiv verändert hat. In Köln noch nicht, aber in Düsseldorf
sind alle katholisch geworden. Die wussten nicht, dass man im Rhein nicht schwimmen
durfte.
Jeder von uns hat ganz besondere Talente, die er in die Gemeinschaft einbringt.
Genauso ist es bei einem Fußballspiel. Dort gibt es Stürmer, Verteidiger,
Linien- und Schiedsrichter und alles dreht sich um einen Ball.
Geben wir jedem Spieler einen Ball, findet kein Spiel mehr statt. Lebt jeder
Christ seinen Glauben nur noch für sich allein, dann bricht auch unsere
Gebetsmannschaft auseinander. Oft höre ich den Satz: "Um ein guter
Christ zu sein, brauche ich doch keine Gemeinschaft. Ich gehe in den Königsforst
und dort kann ich auch direkt mit Gott sprechen. Dafür brauch ich nicht
de Kirch. Dann habe ich so manches Mal hinzugefügt, dann kannst de dich
ja auch vom Oberförster beerdigen lassen.
Apropos Natur:
Kürzlich sprach ich mit Pfr. Bußmann und Dr. Lutz über unsere
Pastoralarbeit. Einer sagte mir, ich hatte letzte Woche zwei Beerdigungen, zwei
Urnenbestattungen und sogar eine Kompostierung. Ich frage ihn, wieso eine Kompostierung?
Da antwortete er mir: "Na ja, auch die grünen Politiker werden älter.
Allein sind wir in unserer Glaubensgemeinschaft genauso verloren, wie ein Fußballspieler,
der keine Verbindung zu seinen Nebenleuten hält. Wenn wir miteinander spielen,
miteinander lachen, dann können wir auch miteinander weinen. Miteinandersein
macht unser Leben erst lebenswert. Miteinander bekommen wir Flügel.
Apropos Flügel:
Drei Karnevalsjecke stehen oben auf der Domspitze und schauen auf das Karnevalstreiben
in Köln. Dann springt der erste runter, schwebt wie mit Flügeln zur
Erde und kauft sich ein Kölsch. Dann springt der zweite runter. Er schwebt
zur Erde und kauft sich einen halven Hahn. Der dritte sieht sich das an und
sagt sich: "Was die können, das kann ich auch" Er springt runter,
er fällt wie ein Stein zur Erde und das wars. Sagt der eine Engel zum andern:
"Dat wor ever jans schön fies von uns."
In der Kirch gibt es immer Gründe zum Lachen und die Engel sind auch heute
unter uns. Sie lachen mit uns. Es gibt komische Situationen, wir freuen uns,
wenn unser Leben gelingt. Wenn junge Menschen ihre Schule meistern, alte Menschen
auf ein erfülltes Leben zurückblicken können, wenn jeder, ob
arm oder reich, Deutscher oder Fremder, seinen Platz in der Kirche findet, dann
haben wir die richtige Mischung in der Gemeinde, dann haben wir auch die richtige
Mischung in unserer Fußballmannschaft. Dann sprechen wir von einem Dreamteam
oder von einem guten Teamgeist. Fair zu spielen, fair miteinander umzugehen,
das macht den Teamgeist eines gelungenen Fußballspiels aus. Und auch wir
sprechen in der Kirche von einem besonderen Geist, der in einer Gemeinde oder
in einem Gottesdienst herrscht. Manchmal sagen wir dann, dass die Erde den Himmel
berührt.
Apropos Himmel.:
Ein Mann kommt nach der Messe zu einem Pfarrer und sagt zu ihm: "Pfarrer,
sie haben eben so schön vom Himmel gepredigt, gibt es denn da wirklich
eine so schöne Atmosphäre und kann man da wirklich auch Fußballspielen?
Der Pfarrer antwortet ihm: "Lassen sie mich darüber noch etwas meditieren
und mit unserem Herrn sprechen." Am nächsten Sonntag treffen sie sich
nach der Messe wieder und der Pfarrer sagt zu ihm: "Jawohl, im Himmel wird
auch Fußball gespielt und freuen Sie sich, denn Sie sind schon für
das nächste Spiel aufgestellt worden."
Das Schöne am Fußball ist ja, dass jeder Mensch auf der Welt Fußball
spielen könnte, wenn er wollte. Fußball bringt Nationen zusammen,
so wie auch unser Weltjugendtag hier in Köln junge Menschen aus der ganzen
Welt zusammengebracht hat. Alle kamen, um mit unseren HeiligenVater zu beten.
Apropos Heiliger Vater:
Flughafen Köln/Bonn. Das Flugzeug schwebt ein. Der Papst steigt aus, winkt
den Leuten zu, kein Bodenkuss! Er kam mit Germanwings. Warum küsste Papst
Johannes Paul II. nach jedem Flug die Erde? Keine Idee!? Sind Sie schon einmal
mit Alitalia geflogen?
Manchmal trennt Fußball uns in Sieger und Besiegte und ein Unentschieden,
wie in Spanien zwischen Deutschland und Österreich, will eigentlich keiner.
Das ist nur eine Notlösung. Das ist bei uns in der Kirche etwas anders.
Hier gibt es keine Sieger und Besiegte. Wir sind alle durch die Taufe Kinder
Gottes geworden, wir haben alle einen Vater und wir Katholiken haben sogar einen
Heiligen Vater und wir sehen aus wie er - natürlich wie Gott unser Vater
- und das gibt uns unsere eigene Würde, weshalb unser Status in der Gesellschaft
für uns eigentlich bedeutungslos sein sollte.
Das ist auch die besondere Atmosphäre des Kölner Karnevals. Für
ein paar Tage werden die gesellschaftlichen Schranken aufgehoben. Jeder ist
er selbst. Wir begegnen den uns Unbekannten mit Offenheit, Ungezwungenheit,
heiter und locker. Wir benehmen uns wie richtige Kinder Gottes, von denen er
sagt: "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so kommt ihr nicht ins Himmelreich."
Apropos Kinder:
Die Kinder klauen Prälat Dr. Koch immer wieder das Obst aus dem Pfarrgarten.
Daraufhin stellt er ein Schild auf, darauf steht: "Der liebe Gott sieht
alles". Am nächsten Tag steht darunter: "Aber er petzt nicht."
Also es kommt in unserem christlichen Leben darauf an, uns so vorurteilsfrei
zu verhalten wie dies die Kinder tun. Sie gehen ohne Vorbehalte auf andere Menschen
zu und durch solch ein Verhalten sollten wir uns als Christen lebenslang auszeichnen.
Karneval bietet uns dazu eine wunderbare Gelegenheit.
Manchmal jedoch verkaufen wir uns an die Gesellschaft, um Vorteile oder mehr
Geld zu bekommen, verbiegen wir uns oder verleugnen sogar unser Christsein.
Wir kapseln uns ab und wir werden Einzelspieler, ohne Mannschaft, ohne Kirche.
Nicht von ungefähr sprechen wir dann bei den Spielern von einem Mann mit
Star-Alüren. Er sammelt seine Fans und das geht immer auf Kosten seiner
Mitspieler.
Apropos Fans:
Ich erinnere mich an eine Beerdigungsfeier. Alle waren schon in der Kirche,
nur der Sarg fehlte. Plötzlich hörten wir das Quietschen der Reifen
eines Wagens. Dann flogen die Türen der Kirche auf. Die örtliche Fußballmannschaft
stürmte in ihrer Trikots in die Kirche und sie waren ganz außer Puste.
Dann stellten sie die Fußbälle und den Sarg des Verblichenen vor
dem Altar ab. Der Vorsitzende des Fußballvereins sagte, der Verstorbene
hier, war unser größter Fußballfan. Er hat uns zu jedem Spiel
begleitet. Sie wissen ja, ein großer Kirchgänger war er ja nicht
und wenn wir ihn nicht heute Morgen hierhin gebracht hätten, hätte
er wieder die Messe verschlafen.
Wie sie wissen, haben wir nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch hier im
Erzbistum Köln Geldprobleme. Uns fehlen 90 Millionen. Auch bei uns muss
gespart werden. Wenn Fußballclubs Geldprobleme haben, dann werden die
besten Spieler verkauft und sie können es ja glauben oder nicht, auch wir
haben unsere besten Stürmer verkauft. Den Weihbischof Dr. Hofmann haben
wir an den 1. FC Würzburg verkauft und der zweite Weihbischof Trelle wurde
letzte Woche an den 1.FC Hildesheim ausgeliehen, den wollen wir später
wiederhaben. Die Ablösesumme von 90 Mio. steht noch aus, aber unser Schatzmeister
arbeitet - schon - daran.
Jedes Spiel dauert 90 Minuten wie Sepp Herberger zu sagen pflegte und jeder
Ball ist rund, auch das Wort stammt von ihm. Auch unser Spiel auf dieser Erde,
unser Leben geht irgendwann zu Ende und dann pfeift unser Herrgott das Spiel
ab, dann kommen unsere Fouls und unsere Golden Goals auf die Waagschale. Karneval
zeigt uns die wunderschöne Seite unseres Lebens. Karneval ist ein Vorspiel
auf grünem Rasen vor der christlichen Fastenzeit, die uns in sechs Wochen
auf den Tod und die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus vorbereitet. Als
Christen wissen wir, der Tod hat sein Fußballspiel verloren, auch wenn
immer noch gestorben wird und noch eins, als Christen können wir glücklich
sein, dass wir unseren Glauben offen leben können. Über Dinge, die
wir in der Kirche nicht verstehen oder über Missstände in der Kirche
können wir unsere Witze machen und herzhaft darüber lachen. Humor
ist, wenn man dennoch lacht. Das müssen andere Religionen erst noch von
uns lernen, denn nicht alle sind so liberal wie wir.
Zum Schluss noch einen Witz über unseren Heiligen Vater. Als Kardinal
Frings verstarb, wurde sein Papagei dem Papst vermacht. Jeden Morgen begrüßte
Kardinal Frings mit "Guten Morgen, Eminenz". In Rom machte er nun
dasselbe. Wenn der Papst morgens ins Arbeitszimmer kam, sagte er: Bon giorno
Eminenza. Der Staatssekretär der Papstes war darüber nicht glücklich
und er versuchte ihm beizubringen morgens zu sagen: "Guten Morgen, Heiliger
Vater". Aber das klappte nicht. Er sagte weiterhin: "Bon giorno Eminenza".
In seiner Ratlosigkeit bat der Staatssekretär den Heiligen Vater, könnten
sie nicht morgen im vollen Papstornat erscheinen, damit dieser Kölner Papagei
endlich "Guten Morgen, Heiliger Vater" Bon Giorno, Santitad! sagt?
Der Papst überlegte nicht lange und machte mit. Am nächsten Morgen
erschien er mit der Mitra und dem Stab im Arbeitszimmer. Der Papagei dachte:
Wau, jetzt hammer Karneval und er schrie: "Kölle alaaf, Kölle
alaaf."
26. Februar 2006 DG/sti
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